Die Grundidee der Erkenntnis
Wir Menschen streben stets nach Wissen und Wahrheit. Ich glaube, dass es eine echte Wahrheit gibt, aber wir können immer nur kleine Teile davon, also Fragmente, verstehen. Das bedeutet, dass Erkenntnisse wie einzelne Puzzleteile sind, die zu einem größeren Bild der Wirklichkeit beitragen. Kein Individuum kann für sich in Anspruch nehmen, die Gesamtheit dieser objektiven Wahrheit zu kennen, nur weil es ein sehr klares Bild über ein Fragment hat. Verschiedene Perspektiven und Erkenntnisse können nebeneinander existieren, ohne sich notwendigerweise zu widersprechen, denn jedes Fragment könnte auf seine Weise zum Verständnis der objektiven Wahrheit beitragen.
Analogien zur Veranschaulichung
Platons Höhlengleichnis
Platons Geschichte von der Höhle ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir Wissen verstehen. Sie handelt von Menschen, die in einer Höhle gefesselt sind und nur Schatten an der Wand sehen. Einer der Gefesselten wird befreit und erkennt, dass die Schatten nur Abbilder der Realität sind. Diese Person hat ein vollständiges Fragment der Wahrheit erkannt – sie versteht, was die Schatten bedeuten. Doch diese Erkenntnis erklärt nicht andere Aspekte der Realität, wie etwa die Photosynthese der Bäume. Mit der Erkenntnis des einen ist die Möglichkeit gegeben, neue Ableitungen des Bestehenden zu generieren (Schatten sind ein Abbild der Bäume), aber es führt nicht zu einer endgültigen Instanz.
Die blinden Männer und der Elefant
Diese Geschichte zeigt, wie verschiedene Personen dieselbe Sache unterschiedlich interpretieren können. Jeder blinde Mann ertastet einen anderen Teil des Elefanten und bildet sich dazu seine eigene Geschichte. Keiner von ihnen erlangt eine vollständige Erkenntnis des betrachteten Fragments, geschweige denn des Gesamtbildes. Es muss also gesagt werden, dass das bloße Formulieren oder Beschreiben nicht automatisch als Erkenntnis bezeichnet werden kann.
Wenngleich die eine Person ein Fragment vollständig durchdrungen hat und versteht, woher der Schatten kommt, haben die Blinden nicht einmal ein grundlegendes Verständnis für eines der Fragmente entwickelt, sondern lediglich eine Meinung gebildet. Die Frage ist nur, wissen diese Personen in welchem Stadium der Erkenntnis sie sich befinden?
Umgang mit Erkenntnis
Ähnlich wie im Höhlengleichnis ist der Drang, Erkenntnisse zu teilen, etwas Natürliches. Die Herausforderung liegt darin, dass das Übermitteln von Informationen oft eingeschränkt ist und die eigene Erkenntnis nicht immer vollständig von anderen nachvollzogen werden kann. Oft kennt man das Stadium der Erkenntnis eines Fragments nicht eindeutig, deshalb ist es besonders wichtig, insbesondere in der Kommunikation einiges zu beachten.
Anerkennung anderer Perspektiven
Als jemand, der ein Fragment der Wahrheit verstanden hat (gehen wir vom Endstadium aus), mag man zwar das Gefühl haben, im Recht zu sein, aber es ist wichtig, dies nicht als absolute Wahrheit zu präsentieren, sondern als persönliche Erkenntnis, die man gerne teilen möchte.
Berücksichtigungen beim Teilen von Erkenntnissen
Verschiedene Erfahrungen: Jeder Mensch bringt unterschiedliche Erfahrungen und Hintergründe mit, die seine Wahrnehmung und sein Verständnis beeinflussen.
Veränderung braucht Zeit: Neue Ideen und Perspektiven zu akzeptieren, ist ein Prozess.
Emotionale Bindung: Manche Überzeugungen sind tief verwurzelt und schwer zu verändern.
Angst vor dem Unbekannten: Das Unbekannte kann abschreckend wirken, und Menschen neigen dazu, an Vertrautem festzuhalten.
Kommunikation: Effektive Kommunikation ist entscheidend, um Erkenntnisse zu teilen.
Die Illusion der Erklärtiefe
Manchmal glauben wir, etwas verstanden zu haben, also das Endstadium der Erkenntnis eines Fragments, aber das nicht wirklich der Fall sein. Wir neigen oft dazu, unser Verständnis für komplexe Konzepte zu überschätzen, was als ‚Illusion der Erklärtiefe‘ bekannt ist. Der Reißverschluss ist ein gutes Beispiel dafür. Man glaubt, ihn gut zu verstehen, nur weil man ihn täglich verwendet. Den meisten ist klar, warum die einzelnen Zähne ineinander greifen, aber was genau führt dazu das beim Öffnen diese auseinander gehen?
Auch sind Meinungen anderer nicht notwendigerweise ein Widerspruch zu unserer Erkenntnis, sondern können ein anderes Fragment derselben objektiven Wahrheit sein. Im ersten Augenblick sich gegensprüchliche Perspektiven können unter Umständen parallel existieren, auch wenn deren Auflösung man gar nicht im Diesseits erleben wird.
Schlussgedanke
Je mehr wir lernen, desto mehr erkennen wir, was wir nicht wissen. Jede Erkenntnis erweitert unseren Horizont und zeigt uns zugleich, wie viel mehr es zu entdecken gibt. Dieses Bewusstsein kann demütigend sein, ist aber auch eine Quelle der Neugier und des Strebens nach weiterem Lernen. Der „Wissenshorizont“ ist daher ein ständig sich erweiterndes Konzept, das uns anspornt, unsere Suche nach Erkenntnis fortzusetzen.
Mit dem Motto: „Jede Meinung zählt, aber nicht jeder hat Recht“, ermutige ich dich dranzubleiben.